Lichtschranke ohne Kabel – trotzdem schnell
Gerade in der Tierfotografie hilft oftmals nichts anderes als eine
Lichtschranke. Ob scheue Vögel, schnelle Insekten oder irgendein Waldbewohner,
den man sonst nie vor die Linse kriegen würde – die Lichtschranke bietet
die Lösung. Zum Glück sind moderne Lichtschranken inzwischen so klein und
zuverlässig, daß sie kaum noch stören. Nur eines stört regelmäßig, nämlich das
Kabel zwischen Kamera und Lichtschranke. Je nach Einsatzzweck kann das nur
wenige Zentimeter lang sein oder auch mal zehn Meter. Wenn dann noch dichtes
Buschwerk oder gar ein Gewässer dazwischen liegen, wird es besonders unangenehm.
Ganz abgesehen davon, daß herumliegende Kabel die perfekten Stolperfallen
sind.
Warum also nicht ganz darauf verzichten? Angesichts der
riesigen Auswahl an drahtlosen Blitz- und Kameraauslösern sollte
das nicht allzu schwierig sein.
Ist es auch nicht. Viele käufliche Funkadapter besitzen eine
Klinkenbuchse, an die manche Lichtschranken direkt angeschlossen werden
können, bei anderen ist eine kleine Elektronik zur Anpassung
erforderlich. Für den Dachs vor seinem Bau ist eine derartige Funkstrecke eine
prima Lösung, aber bei schnellen Objekten wie Vögeln oder Insekten kann es
passieren, daß nur noch der halbe Vogel zu sehen ist. Besonders
ärgerlich ist das, wenn extra zu diesem Zweck ein schneller
Zentralverschluß eingesetzt wird.
Was ist passiert? Als Ursache stellt sich
heraus, daß der Funkadapter zu
langsam war. Das mutet erst einmal merkwürdig an, schließlich
»geht« Funk mit Lichtgeschwindigkeit. Die Antwort ist im Prinzip
ja, aber nur zwischen den Antennen. Schon die Lichtschranke hat ihre
eigene Verzögerungszeit, ebenso der Verschluß. Welche Verzögerung
das Funkmodul dazu beiträgt, hängt von verschiedenen
Parametern ab, wie z.B. Frequenz, Bandbreite und vor allem das
Übertragungsprotokoll. Es gibt viele Module für das 433MHz- und das 868MHz-Band,
die oft nur die Datenrate eines besseren Modems erreichen. Auch zwei
käufliche Module lieferten eine Verzögerungszeit von 1ms bzw.
2,7ms und sind damit für schnelle Objekte weniger geeignet. Wenn man also
etwas wirklich schnelles möchte, bleibt nur der Eigenbau.
nRF24L01+, die eierlegende Wollmilchsau
Bei der Recherche für Funkmodule stolpert man unweigerlich über die norwegische Fa. Nordic, die wesentlich am Bluetooth-Standard beteiligt war. Von dieser Firma stammt das IC nRF24L01+, dessen Daten sich geradezu paradiesisch ausnehmen:
- als Sender oder Empfänger konfigurierbar
- 2,4GHz Frequenzband
- 127 Kanäle wählbar
- Übertragung mit 250kbps, 1Mbps, 2Mbps
- frei wählbare 3- bis 5-Bytes-Adresse
- 1 bis 5 Datenbytes
- 1- oder 2Byte-CRC
- Sendeleistung max. 0dBm bis -18dBm
- 3,3V Betriebsspannung, IO's 5V-tolerant
Dieser Chip ist auf fertigen Modulen zu finden, die für ca. 1-5€/Stck. erhältlich sind.
Besonders die Datenrate von 1Mbps bzw. 2Mbps ist erstaunlich hoch.
Übertragen wird das Nutzsignal immer in Form einer eindeutigen Message
mit Adresse und abschließendem CRC. Damit ist eine hohe Daten- und
Störsicherheit gewährleistet. Um eine möglichst kurze Reaktionszeit auf ein
externes Signal zu erreichen, müssen einige Parameter entsprechend gesetzt
werden. Z.B. brauchen nicht 5 Nutz-Bytes übertragen zu werden, für den
angedachten Zweck reicht ein einziges Byte. Dazu drei Bytes für
die Adresse statt fünf und ein Byte CRC statt zwei. Da es nur um die
Auslösung einer Kamera geht, bleiben auch sicherheitsrelevante Protokolle
wie Auto-Acknowledge mit Rückfragen und erneutem Senden außen vor. Die sind gut
bei wichtigen Daten, verzögern aber die Antwortzeit massiv.
Wo
viel Licht ist, ist aber auch Schatten, und der liegt in der auf den ersten
Blick ziemlich komplizierten internen Struktur. Etwa zwanzig Register warten auf
ihre Programmierung, wobei aber nur ein Teil wirklich beschrieben werden muß.
Beim Rest kann man die Default-Werte so stehen lassen.
Die Kommunikation mit dem Registersatz erfolgt
ausschließlich per SPI. Da aber so gut wie jeder moderne Mikrocontroller
über eine SPI-Schnittstelle verfügt, ist das kein Nachteil.
Für die Software
findet man im Internet zwar einschlägige Libraries für den
weitverbreiteten Arduino, für den PIC sind die aber nicht direkt
einsetzbar. Also blieb nur der Weg, die notwendige Software selbst zu
entwickeln. Dazu dienten zwei Entwicklungs-Boards, die je ein
Modul als Sender bzw. als Empfänger erhielten. Das Hauptproblem bei
dieser Softwareentwicklung ist, daß man den Funkverkehr nicht wirklich kennt.
Der Sender zeigt zwar mittels LEDs das Byte in Form einer Binärzahl an, was aber
wirklich beim Empfänger ankommt, weiß man nicht. Deshalb wurde
das Empfänger-Board mit einem Hexdisplay ausgestattet, das das
empfangene Byte anzeigt.
Während draußen der Corona-Wahn den Sommer
verdunkelte, lichtete sich am PC allmählich das Dunkel der
Register. Am Ende blieben statt aufgeblähter C-Libraries ein paar Zeilen
PIC-Assembler übrig, die nicht nur übersichtlicher, sondern auch noch schneller
sind. So flog bald das erste Byte durch den Äther.
Vom Test-Board zum fertigen Gerät
Der nächste Schritt war das Design einer praktisch einsetzbaren Elektronik
aus Sender und Empfänger. Dem Sender wurden zwei Eingänge
LS1 und LS2 spendiert, an die Reflexlichtschranken direkt angeschlossen
werden können. Für Einweg-Lichtschranken sind zwei
12V-Klinkenbuchsen für den Sender vorhanden. Geeignet sind Lichtschranken
mit PNP- und NPN-Ausgang. Beide Lichtschranken können im Kreuz- oder
als Parallelmodus konfiguriert werden, letzterer auch mit Richtungspriorität.
D.h., ausgelöst wird nur, wenn zuerst LS1 unterbrochen wurde und danach LS2.
Natürlich kann auch eine einzelne Lichtschranke angeschlossen
werden, normalerweise dunkelschaltend. Möglich ist aber auch hellschaltend.
Zur Auswahl der Konfigurationen dient ein 3poliger DIP-Schalter auf der
Unterseite.
Einige wenige Lichtschranken kommen mit der üblichen
12V-Versorgungsspannung nicht aus, z.B. benötigt das Lichtgitter
Sick WLG12-P537 mindestens 18V. Damit auch solche Lichtschranken
benutzt werden können, erzeugt ein Transverter auf der Platine aus der
12V-Versorgungsspannung die notwendigen 18V. Diese Spannung wird bei Bedarf
über einen Jumper an LS2 zugeschaltet. Außerdem wird alle 60 Minuten ein
Teach-In durchgeführt, mit dem sich die Lichtschranke automatisch an
veränderte Umfeld-Bedingungen anpaßt.
Falls der Standard-Kanal gestört
sein sollte, können mit S1+2 des zweiten DIP-Schalters vier Kanäle im
2,4GHz-Band ausgewählt werden. Mit dem Schalter S3 kann
die Senderleistung reduziert werden, was manchmal im Nahfeld notwendig
ist.
Zur Ausrichtung der Lichtschranken wird mittels Druckschalter auf der
Rückseite in den Setup-Modus umgeschaltet, in dem ein Tonsignal anzeigt, wenn
die Lichtschranke korrekt eingestellt ist.
Daneben befindet sich
die Buchse für die Stromversorgung. Gut bewährt hat sich hier ein
12V-LiPO-Akku. Trotz seiner real nur 1500mAh (statt der angegebenen 3000mAh)
hielt er mit einer Laserlichtschranke 25 Std. durch, mit dem
18V-Lichtgitter immer noch 15 Std.
Der Empfänger ist für den Anschluß an die PQS-Elektronik
ausgelegt, von der er auch mit Strom versorgt wird. Ein Taster auf der
Unterseite erlaubt die manuelle Auslösung des Verschlusses. Auch der Empfänger
besitzt einen DIP-Schalter zur Auswahl des aktiven Kanals, der auf denselben
Wert wie der Sender eingestellt sein muß.
Damit
Sender und Empfänger etwas zu tun haben, wird die Spannung des Akkus am
Sender zum Empfänger gefunkt und dort mit einer zweifarbigen LED angezeigt.
Damit hat man den Ladezustand des Akkus, der auch die Lichtschranken
versorgt, stets im Blick.
Nicht immer ist aber die PQS-Elektronik notwendig. Wenn die Kamera direkt über den Fernauslöser-Anschluß ausgelöst werden soll, ist das auch möglich. Dafür ist am Empfänger eine 2,5mm-Klinkenbuchse vorhanden, an die das Fernsteuerkabel angesteckt wird. Weil in diesem Fall die Stromversorgung über die PQS-Elektronik entfällt, muß der Empfänger z.B. von einer Powerbank über die Micro-USB-Buchse versorgt werden.
Die Kamera kann auch ganz ohne Empfänger direkt am Sender ausgelöst werden – wahlweise mit oder ohne Spiegelvorauslösung. Dazu wird das Fernsteuerkabel an eine der vier Klinkenbuchsen für die Blitze angeschlossen. Damit entfällt die Funkstrecke und die Auslöseverzögerung reduziert sich auf wenige Mikrosekunden. Der Sender dient dann nur noch als »Frontend« für die Lichtschranken, die in einem der vorgesehenen Modi betrieben werden können.
Sollten die vier Blitzgeräte, die an den Sender direkt angeschlossen werden können, nicht ausreichen, kann ein weiterer Blitz mit Hilfe eines modifizierten SCA-3000-Adapters gezündet werden. Dieser Adapter enthält ein Empfänger-Modul und wird direkt vom aufgesteckten Blitzgerät mit Strom versorgt (Bild rechts).
Wie schnell ist nun das Ganze...
Zur Messung wurde das zweikanalige DSO benutzt. Ein Eingang wurde mit einem freien Port des »Sender-PICs« verbunden, der andere Eingang mit einem Port des »Empfänger-PICs«. Unmittelbar nach dem Abschicken des Bytes setzte der Sender seinen Port, ebenso setzte der Empfänger seinen Port nach Empfang des Bytes. Am DSO konnte nun exakt die Zeitdifferenz gemessen werden.
Mit einer Übertragungsrate von 1Mbps, also 1 Mio. Bit/s, ergab sich eine Differenz von ca. 200us zwischen beiden Ports. Eine 5 Byte lange Adresse schlug mit 213us zu Buche, mit 2 Mbps sparte man etwa 20us. Das waren tatsächlich beeindruckende Resultate. Für die reale Funkstrecke einschließlich der Eingangs- und Ausgangsstufen ergab sich eine Zeitverzögerung von ca. 250us. Das ist etwa fünf- bis zehnmal weniger als mit einem käuflichen Funkmodul. Durch die spezielle Programmierung verzögert sich die Blitzauslösung aber nicht, es verschiebt sich nur die Auslösung des PQS-Verschlusses um diese Zeit.
...und wie weit funkt es?
Mit der maximalen Sendeleistung des Standard-Moduls von 0dBm (1mW) konnten in der Wohnung durch mehrere Wände ca. 8m überbrückt werden. Im Freien ohne Wände dazwischen sind es einige dutzend Meter, was für jede Lichtschranke ausreichen dürfte. Trotzdem können Bäume und Gebüsch die Reichweite begrenzen, vor allem, wenn sie naß sind. Dank der unidirektionalen Betriebsart kann aber das Standard-Modul im Sender durch ein solches mit 22dBm-Ausgangsverstärker ersetzt werden. Damit verdoppelt sich die Entfernung im Haus, während sich die Distanz in freier Natur mindestens verzehnfacht.
Fazit: Mit diesem Funkadapter kann nicht nur das Kabel eingespart werden, er erweitert die Möglichkeiten der PQS-Elektronik um die Kreuz- und Parallellichtschranke. Bedarfsweise stehen auch 18V für spezielle Lichtschranken zur Verfügung.